Agile Organisation: Die Mär der Modernität

Allerorten werden neue agile Forderungen und Lösungen präsentiert: Neue agile Methoden, neue agile Führung, neue agile Strategien, neue agile Teams, alles neu macht das Agile. Und genau das gilt es nun mal anzuschauen. Was genau ist das Agile? Was bedeutet das für die Menschen und deren Organisationen?

 

Und jetzt neu: Das VUKA-Dings

Alles ist VUKA. Deswegen muss nun alles agil werden. Das heißt: Vorher war nichts VUKA und deswegen musste damals nichts agil sein. So könnte man es zusammenfassen. Ab wann alles VUKA wurde? Wer kann das schon so genau sagen? Oder geht es um den Begriff VUKA? Dann kann man das schon sagen: Denn der Begriff, wie hinlänglich bekannt, wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrtausends im militärischen Kontext geprägt. Seit einigen Jahren hat der Begriff seine Umgebung verlassen, denn er wurde in die Wirtschaft, in die Wirtschaftsliteratur und damit in den Management-Kontext gezerrt. Und nun müssen alle sich mit VUKA beschäftigen. Das muss man tatsächlich.

Aber eines steht auch fest: VUKA war schon immer! Mit oder ohne diesen Begriff. Die Welt und alles darin Befindliche, also zum Beispiel Märkte und deren passiven und aktiven Einflüsse, waren schon immer volatil, unsicher, komplex und ambivalent. Nur eben ohne das Akronym. Da man nun aber so einen prägnanten Begriff und damit eine scheinbar völlig neue Herausforderung hatte, deswegen musste nun auch eine Antwort her. Die Lösung:

 

Und jetzt neu: Das Agilitäts-Bums

Die Lösung für die vielfältigen und vermeintlich neuen Herausforderungen mussten beantwortet werden. Am besten natürlich auch mit einem „neuen“ prägnanten Begriff. Bösartiger Weise könnte man nun behaupten, dass man sich diesmal nicht aus dem militärischen, sondern aus dem kynologischen Kontext bediente. Jetzt neu in der Managementliteratur und in den Anforderungen an die neuen Managerinnen und Manager ihrer Organisationen: Agilität! Agilität ist die Lösung.

Allerorten werden neue agile Forderungen und Lösungen präsentiert: Neue agile Methoden, neue agile Führung, neue agile Strategien, neue agile Teams, alles neu macht das Agile. Und genau das gilt es nun mal anzuschauen. Was genau ist das Agile? Was bedeutet das für die Menschen und deren Organisationen? Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen.

 

Acht Prinzipien für die agile Organisation

Schnell sein!

Schnell ist eine Organisation nicht dann, wenn sie schnell denkt, sondern vor allem dann, wenn sie auch schnell handelt. Das setzt voraus, dass wir in Organisationen möglichst viele Menschen haben, die direkten Kontakt zu den Märkten und Kunden haben, um dort nicht nur Bestehendes verkaufen, sondern auch um Chancen oder sich auftuende Probleme sofort erkennen und darauf reagieren zu können.

Kunden kennen!

Organisationen müssen ihre Kunden nicht nur kennen, sondern vor allem verstehen. Und sie müssen gewillt sein, das Beste für sie herauszuholen. Nicht der Standard ist der Maßstab, sondern das Außergewöhnliche, das Überraschende, das Begeisternde! Das bindet Kunden an die Organisation und sichert das Überleben der Organisation.

Ideen innovieren!

Es braucht in Organisationen dezentral organisierte Kompetenzen und Befugnisse, innerhalb derer die Mit-Arbeitenden zu Mit-Unternehmern werden. Es gilt den Ideenreichtum der Menschen zu fördern, ja, zu forcieren und Umsetzungsmöglichkeiten für mögliche Innovationen zu bieten.

Menschen mitnehmen!

Der Mensch als Produktionsfaktor, als Human Resource: Organisationen sehen in Menschen weit mehr als das! Organisationen fördern die Eigeninitiative der Menschen und unterstützen diese durch die Weiterbildung, Vernetzung und Information und Kommunikation. Das alles ist auch eine Sache des Respekts gegenüber jedem Einzelnen und jeder Einzelner.

Wirkliche Werte!

Werte sind schnell in eine Broschüre, auf eine Website oder sonstwohin formuliert. Organisationen, von denen wir hier sprechen, leben Werte. Sie wissen, wofür sie stehen und vor allem auch, wofür sie nicht stehen und welche Konsequenzen das hat. Das ist kommuniziert und die Menschen sind in praktischer Konsequenz damit vertraut. Dass dabei die Werte nur von den Menschen in den Organisationen gelebt werden können ist selbstverständlich.

Kernkompetenzen können!

Organisationen beziehen sich auf das, was sie wirklich können; warum und wozu es die Organisation überhaupt gibt. Nur so lässt sich die perfekte Ausrichtung auf die Kunden realisieren. Dass dabei die Kernkompetenzen sich verändern können oder gar müssen, steht außer Frage. Der Maßstab ist der Wille Kunden zu begeistern; das Betriebssystem dazu sind die Mitarbeitenden.

Schlanke Strukturen!

Organisationen beschränken sich auf die notwendigen Strukturen – nicht auf die (maximal) möglichen! Umso mehr Ebenen in einer Organisation vorhanden sind, desto schwerfälliger, langsamer und zum Teil auch inkompetenter wird sie. Das gilt es konsequent zu verhindern.

Führung verändern!

Organisationen beschränken sich auf die notwendige Führung – nicht auf die (maximale) Kontrolle. Die vorhandenen Werte und Ziele sind klar formuliert, verstanden und es besteht bei allen Beteiligten ein Einverständnis dazu und damit. Das ist der Rahmen. Dieser wird durch die Menschen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Freiräumen, ja, Freiheiten, dynamisch, flexibel, kompetent und engagiert ausgefüllt. Die Führung ermöglicht genau dieses – und hält sich mit allem anderen zurück.

 

 Das neue Agile?

Was genau davon könnte nun neu sein? Die eben beschriebenen acht Prinzipien entstammen nicht aus der neueren Agilitäts-Management-Literatur! Nein, sie stammen von der Berater-Ikone Tom Peters, der genau diese acht Erfolgsfaktoren Ende der 70er (!!), Anfang der 80er (!!) in einer später berühmt gewordenen Präsentation für Pepsi vorgestellt hat. Peter Senge hat wiederum später Anfang der 90er die Theorie der lernenden Organisation entwickelt. Auch dieser Ansatz ist in dieser Tradition zu sehen. Und heute sprechen wir von der agilen Organisation.

Egal wie wir sie nennen: Es kommt genau darauf nicht im Geringsten an. Es kommt vielmehr immer darauf an, wie wir Organisation in der Praxis umsetzen: handelnd, nicht nur denkend.

Insofern ist es vielleicht auch gut, dass wir nun einen neuen Begriff haben. Vielleicht ist dadurch die Aufmerksamkeit wieder eine größere geworden. Denn ob der Begriff nun neu ist oder nicht. Die Notwendigkeit für diese „neue“ Form der Organisation als lebendiger Organismus ist unbestritten.

 

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Dr. phil. Markus Reimer ist Keynote-Speaker und Lead Auditor für Managementsysteme.