Special Demoskopie

Die emanzipierten Alten

Die Sache mit dem gefühlten Alter
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Die Sache mit dem gefühlten Alter
Die Deutschen fühlen sich jünger als sie sind. Ein ganzes Jahrzehnt liegt zwischen ihrem gefühltem und dem tatsächlichem Alter. So das Fazit der dritten INSA50plus-Studie, die vom Institut für neue soziale Antworten (INSA) im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgestellt wurde. Dr. Ulrike Schenk, Leiterin der Niederlassung Berlin von INSA, fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
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Die gute Nachricht der aktuellen INSA50plus-Studie ist, dass bei aller Unterschiedlichkeit die Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen überwiegen. Befragt wurden rund 1000 Personen, die jünger als 50 Jahre sind und 2000 Menschen über 50 Jahre. Nicht nur die Sicht auf das eigene Alter teilen die verschiedenen Altersgruppen miteinander, auch in vielen anderen Bereichen gehen die Vorstellungen der Generationen wenig auseinander. So nutzen beide Altersgruppen die digitalen Medien zu Recherchezwecken, können sich einen beruflichen Wechsel in die Selbständigkeit vorstellen oder würden gerne auf dem Land leben.


Die Sicht auf die Dinge in der zweiten Lebenshälfte ändert sich, wenn es um Themen wie Alter und Arbeit geht. Je älter die Deutschen werden, desto eher können sie sich vorstellen, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten. Bei guter Gesundheit könnte sich das jeder vierte zwischen 70 und 79 vorstellen, bei den unter Dreißigjährigen ist es dagegen nur jeder siebte. Befragt nach ihrer Lebensqualität schätzen 60 Prozent der Älteren diese als gut ein. Jüngere sehen die Lebensqualität der Älteren dagegen weitaus schlechter.
Dr. Ulrike Schenk
Dr. Ulrike Schenk
Insa
Die promovierte Diplom-Volkswirtin ist seit 1. Jul 2016 Leiterin der Niederlassung INSA-Consulere GmbH in Berlin. Sie ist Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und hat u.a. Berufserfahrungen als Key-Account Managerin beim Deutschen Spendenhilfsdienst und als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages erworben.
Menschen in der zweiten Lebenshälfte sind mit ihrer Lebensqualität grundsätzlich zufrieden. Vor allem möchten sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Die einen würden gerne über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, die anderen sich stärker ehrenamtlich engagieren.

Das Bedürfnis der Menschen nach gesellschaftlichem Engagement kennt keine Altersgrenzen. Bei den unter 70- und 80-Jährigen gab fast jeder dritte an, ehrenamtlich tätig zu sein, bei den über 80-Jährigen waren es noch immer beachtliche 21 Prozent. Diese Wünsche und Vorstellungen älterer Menschen stehen im Widerspruch  zu jenen Sichtweisen, die in der Öffentlichkeit zum Teil noch über sie existieren. Das Bild vom selbstbestimmten und engagierten älter werdenden Menschen setzt sich zwar langsam durch, doch der kränkelnde, vom gesellschaftlichen Leben abgewandte und unmündige Mensch prägt bis heute das öffentliche Altersbild.

Seine Legitimation findet das Altersbild nicht zuletzt in unseren Gesetzen und Normen. Ein Altersbild, mit dem sich die Älteren nicht mehr identifizieren möchten und dessen Umsetzung dem Staat mehr kostet als nutzt.  Die INSA50plus Studie betrachtet das „Älterwerden“ als einen einzigartigen, individuellen und vor allem kreativen Prozess, dem vielfältige Potentiale innewohnen. Potentiale, die die Älteren selbst und die Gesellschaft langsam zu entdecken beginnen.
INSA50plus
Die Studie macht Mut auf das Älterwerden, zeigt innovative Lösungen, um die Herausforderungen des demographischen Wandels zu meistern und zeichnet ein Altersbild, das den Wünschen und Vorstellungen der Altersgruppe über 50 entspricht. Befragt wurden insgesamt 3061 Personen, 1010 der Befragten waren unter 50 Jahren und 2051 der Befragten über 50 Jahre.
Der Fokus der Studie ist auf Erwachsene gerichtet, die die fünfzig bereits überschritten haben. Seit 2011 befragt das „Institut für neue soziale Antworten“ zu subjektiven Lebenseinstellungen, Werten und Wünschen dieser Altersgruppe, weil bislang zu wenig über sie bekannt. Zwar wissen wir, dass sie die wachsende Mehrheit der nächsten Jahre stellen wird, was wir aber nicht wussten ist, wie Menschen der zweiten Lebenshälfte denken und fühlen.

Bereits heute entfallen auf die über Fünfzigjährigen 56 Prozent der Wahlberechtigten. Die kommenden Landtags- und Bundestagswahlen werden deswegen stärker denn je von dem Wahlverhalten der Altersgruppe über 50 bestimmt. Aber nicht nur als Wähler, auch als Kundengruppe wird die Altersgruppe an Einfluss gewinnen.

In Kooperation mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zeigt die Studie innovative praktische Lösungen auf, wie der demographische Wandel erfolgreich zu meistern ist. Diese reichen von speziellen Wohnungsangeboten für Ältere bis hin zu speziellen Informationsangeboten für Menschen, die mit über 50 noch den Sprung in die Selbstständigkeit wagen.

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